Sie sind hier: Andacht der Woche  

27/2022
 

Ich möchte, dass ihr euer Essen mit den Hungrigen teilt und heimatlose Menschen gastfreundlich aufnehmt. Wenn ihr einen Nackten seht, dann kleidet ihn ein. Verleugnet euer eigenes Fleisch und Blut nicht. Wenn du so handelst, wird dein Licht aufleuchten wie die Morgenröte. Deine Heilung wird schnelle Fortschritte machen. Deine Gerechtigkeit geht dir dann voraus und die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach. Dann wirst du rufen und der Herr wird antworten. Du wirst um Hilfe schreien und er wird antworten: „Hier bin ich.„

Jesaja 58,7–9 (Neues Leben Bibel)

Worum geht es für dich in deinem Glaubensleben? Möchtest du vor allem in den Himmel kommen? Oder geht es darum, ein Stück Himmel auf die Erde zu holen? Diese Polarisierung ist wohl unfair und du würdest vielleicht antworten wollen: beides. Doch manchmal helfen solche radikalen Positionen, um etwas klarer zu sehen.

Könnte es sein, dass wir dazu neigen, unseren Glauben viel zu individualisiert zu betrachten? Wir reden oft davon, dass es auf meine persönliche Beziehung zu Gott ankommt. Der Gottesdienst muss meine geistlichen Bedürfnisse abdecken. In den Segensliedern erbitten wir meist den Segen für uns persönlich oder uns als Gemeinde. Wenn es um die Wiederkunft geht, sprechen wir gerne davon, dass ich mich vorbereiten soll. Und auch der Sabbat ist doch in der Regel ein Tag für uns Adventisten. Auch manche Begriffe zielen eher auf den Einzelnen ab. So thematisieren wir in unseren Gottesdiensten gerne die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, also meine Glaubensgerechtigkeit. Über soziale, ökologische oder gar Gerechtigkeit gegenüber nachfolgenden Generationen hingegen sprechen wir selten.

Der heutige Bibeltext spricht aber von einer Haltung, die über die individuelle Sichtweise hinausgeht und sich bewusst dem anderen zuwendet. Denn der Prophet Jesaja macht deutlich, dass soziale Gerechtigkeit und Gotteserfahrung Hand in Hand gehen. Deshalb finde ich es so wichtig, dass wir uns ehrlich die Frage stellen, worum es im Glauben geht. Um eine Exit-Strategie oder eine nachhaltige Veränderung der bestehenden Verhältnisse? Geht es darum, der Welt zu entfliehen? Oder darum, positiv in sie hineinzuwirken? Für Jesaja steht auf jeden Fall fest, dass wir Gott näherkommen, wenn wir uns für mehr Gerechtigkeit in dieser Welt einsetzen!

Bert Seefeldt


© Advent-Verlag Lüneburg



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