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43/2022
 

Er rettete uns, nicht wegen unserer guten Taten, sondern aufgrund seiner Barmherzigkeit. Er wusch unsere Schuld ab und schenkte uns durch den Heiligen Geist ein
neues Leben.
Titus 3,5 (Neues Leben Bibel)

Meine Schwester zeigte mir ihr wertvolles Geschenk, das sie von ihrer Freundin bekommen hatte: „Dafür, dass ich ihr bei ihrem Umzug geholfen habe“, sagte sie. Oh, diese Aussage lässt mich aufhorchen. Ist es wirklich ein Geschenk oder doch eher eine Bezahlung, weil sie ihrer Freundin half? Hätte sie das „Geschenk“ bekommen, auch wenn sie nicht geholfen hätte?

Vielleicht bin ich etwas zu kleinlich. Aber mir scheint, ein Geschenk ohne Gegenleistung anzunehmen ist in unserer Gesellschaft gar nicht so einfach. Vor einiger Zeit hatte mich ein Freund zum Essen eingeladen. Als wir uns verabschiedeten, sagte ich zu ihm: „Das nächste Mal bezahle ich.“ Sich einfach etwas schenken lassen, das geht doch nicht, oder? In unserem Verhältnis zu Gott ist es nicht anders. Als Gläubige stehen wir in der Gefahr, uns die Erlösung erkaufen zu wollen. Was früher die Opfer waren, die Gott gnädig stimmen sollten, sind heute vielleicht großzügige Spenden, die wir für das Werk Gottes geben, unser
gottesfürchtiges Leben oder unser Einsatz für die Gemeinde.

Zugeben würde ich das natürlich nicht. Aber wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, spüre ich tief in mir den Gedanken, dass Gott mich eigentlich annehmen müsste, bei dem, was ich alles getan habe.

Unser Text widerspricht diesem Empfinden deutlich: „Gott rettete uns aufgrund seiner Barmherzigkeit.“ Nicht, weil wir so viel Gutes tun oder weil wir weniger sündigen als andere. Nein. Nur aus Liebe, aus Barmherzigkeit, wegen seiner großen Güte. Eine Gegenleistung ist nicht erwünscht, mehr noch, sie ist überhaupt nicht möglich, „denn sonst wäre die Gnade Gottes nicht mehr das, was sie ist: ein freies, unverdientes Geschenk“ (Röm 11,6 NLB). Deshalb ist es so wichtig, dass wir diese Tatsache tief in unserem Herzen einpflanzen: Erlösung, Rettung, ewiges Leben, all das ist ein 100-prozentiges Geschenk unseres Herrn an
uns. Wir können dafür nichts tun: „Wer will, soll kommen und umsonst vom Wasser des Lebens trinken!“ (Offb 22,17 NLB) Das ist die gute Nachricht des Evangeliums.

Roland Nickel


© Advent-Verlag Lüneburg



42/2022 | 02-2023