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22/2022
 

Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte.

1. Mose 2,2

Die Schöpfungswoche endet mit einem Ausrufezeichen. Gottes Ruhen am siebenten Tag ist nicht ein Nachtrag oder Anhang. Der Sabbat, der Tag, an dem Gott Gemeinschaft mit seiner Schöpfung pflegt, ist der Höhepunkt der kreativen Arbeit Gottes. Gott ruht, damit wir in ihm ruhen können. Dann segnet er den Sabbat und heiligt ihn, weil er selbst heilig ist.

Viele Jahrhunderte später, an einem anderen Freitagnachmittag, geschieht das Unfassbare. Römische Soldaten nageln Jesus, den Gott-Mensch, an ein Kreuz. Der, der diese Welt durch sein Wort schuf (Joh 1,1–3), hängt hilflos zwischen Himmel und Erde. Eine kleine Gruppe seiner Nachfolger beobachtet sein Leiden von fern. Eine große Menschenmenge verspottet den Schöpfer und hört seine letzten Worte: „Es ist vollbracht.„ (Joh 19,30)
Kurz bevor die Sonne untergeht an diesem Freitagnachmittag, wird sein geschundener Körper vom Kreuz genommen und, eingehüllt in ein Tuch, in ein neues Grab gelegt. Gott ruht wieder – und die Schöpfung hält den Atem an.
Die Priester und Schriftgelehrten sind plötzlich in Sorge um die Worte Jesu und erwirken eine römische Grabwache. Im Tempel in Jerusalem feiern die Priester keinen Sabbat wie jeden anderen. Wie sollen sie das Blut der Opfertiere auf den Vorhang, der das Heiligtum vom Allerheiligsten trennte, sprenkeln, nachdem am Tag zuvor der Vorhang von oben bis unten zerrissen war und den Blick in das Allerheiligste offenlegte?
Die kleine Gruppe der Jünger Jesu, verstört von den Ereignissen der vergangenen Woche, verkriecht sich enttäuscht und angsterfüllt.

Inmitten von Angst, Sorge, Enttäuschung, Furcht und blindem Hass ruht Jesus in seinem Grab. „Dies war ein unvergesslicher Sabbat für die trauernden Jünger„, schreibt Ellen White, „aber auch für die Priester, Obersten, Schriftgelehrten und für das Volk … Man feierte das Passafest, wie man es Jahrhunderte lang getan hatte, während der, auf den es hinwies, von ruchlosen Händen getötet worden war und in Josefs Grab lag.„ (Der Sieg der Liebe, S. 596)

Und so vollendete Gott am siebenten Tag seine Werke – und ruhte von allen seinen Werken. Der Countdown zur Neuschöpfung hat begonnen.

Gerald A. Klingbeil


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