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11/2023
 

Viele sagen: „Wer wird uns Gutes sehen lassen?„ HERR, lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes!
Psalm 4,7

David, der diesen Psalm geschrieben hat, vertraut Gott. Doch er nimmt auch wahr, was andere Menschen bewegt und welche Fragen sie an Gott haben. Und so greift er eine gängige Anfrage an die Zukunft auf: „Wer wird uns Gutes sehen lassen?„ In den Psalmen begegnet uns stets Poesie. Mit „sehen„ meint David wohl auch „erleben„ oder „erfahren„.

Dieser Satz kann als offene Frage verstanden werden: „Wer wird uns helfen? Worauf können wir hoffen? Wann wird es uns endlich besser gehen? Wer wird uns bessere Zeiten bringen?„ Mit diesen Anfragen bringen Menschen sowohl Sehnsucht als auch Zweifel zum Ausdruck. Im Zusammenhang von Psalm 4 kann diese Frage aber auch als Resignation, Anklage oder gar Spott gemeint sein: „Wo ist denn bitte dieser Gott? Wie konnte er es denn erst zulassen? Gibt es irgendeinen Grund, ihm zu vertrauen?„ Wahrscheinlich kennt jeder von uns die eine oder andere dieser Fragen.

David hat letztlich keine Antwort. Doch er schließt alle Menschen – welche Frage sie auch immer haben mögen – in seine Bitte ein: „HERR, lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes!„ Damit nimmt er Bezug auf den aaronitischen Segen, den er aus dem Gottesdienst kennt. Mit dem Antlitz ist das Gesicht Gottes gemeint, also seine „Vorderseite„. Wenn sich Gott uns zuwendet, können wir seinen Gesichtsausdruck sehen – und er sieht uns mit seinen Augen.

David erbittet also eine neue Sicht der Dinge. Wir fragen: „Wer wird uns Gutes sehen lassen?„ Mit Psalm 4,7 dürfen wir bitten, hoffen und glauben, dass Gott uns freundlich ansieht. Und dann ist es nicht mehr entscheidend, was wir gerade sehen oder sehen werden. Wenn Gott sich uns zuwendet, haben wir für die Zukunft nichts zu befürchten. Wenn er über uns wacht, darf manche Frage unbeantwortet bleiben. Wenn er uns sieht, sind wir nicht verloren.
Marcus Jelinek


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