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20/2022
 

Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit; gegen all dies steht kein Gesetz.

Galater 5,22–23

Nachdem Paulus den verunsicherten Christen in den Gemeinden das Geschenk der Gerechtigkeit allein aus Glauben wieder ins Zentrum gerückt hat, macht er ihnen deutlich, worauf es im konkreten Glaubensalltag ankommt. Denn wo Christus das Denken und Wollen bestimmt, da wirkt auch sein Geist das Gute. Paulus spricht von der „Frucht des Geistes„ und meint damit die positiven und lebensbejahenden Wesenszüge, die Gemeinschaft stiften und erhalten und so durch ihre Ausrichtung auf das Wohl des Nächsten dem Leben Sinn geben.

Die stärkste Motivation des Handelns erwächst aus der Einsicht, dass mein Tun einen Sinn hat. Für sinnvoll halten wir Handlungen und Lebensäußerungen, die einem Zweck von höherem Wert dienen. Der höchste Wert aller Güter ist das Leben. Wir können also sagen: Sinnvoll ist, was zur Bewahrung und Erbauung des Lebens dient.

In nachdenklichen Stunden fragt sich so mancher: Welchen Sinn hat das Leben überhaupt? Diese Frage ist rein theoretisch. Denn das Leben als höchstes Gut ist kein Menschenwerk, sondern von Gott gegeben. Das Leben mit dem Verlangen, es zu bewahren und weiterzugeben, ist dem Menschen gesetzt. Allerdings können wir es entweder positiv bejahen oder uns ihm gegenüber verweigern.

Hat mein Leben einen Sinn? Da mir mein Leben nun einmal als höchstes Gut vorgegeben ist, ist es gut und zweckdienlich, dass ich bin, vom ersten bis zum letzten Atemzug meines Daseins. Als ich geboren wurde, war meine Ankunft für meine Eltern eine Quelle der Freude und Zuwendung, ein Ja, eine Motivation zum Leben. Als ich heranwuchs, schenkten sie mir ihre Fürsorge mit Fantasie und Engagement. In diesem Tun erfuhren sie einen großen Teil ihres Lebenssinns. Jetzt, wo ich erwachsen bin, erfahre ich in meinem Dasein für meine Familie und für andere Menschen Lebenssinn für sie und für mich. Bin ich im hohen Alter auf die Zuwendung und Hilfe meiner Nächsten angewiesen, so erfahren sie in ihrem Tun an mir ein Stück ihres Lebenssinns. Hat also mein Leben einen Sinn? So gesehen ja, ganz gewiss.

Thomas Domanyi


© Advent-Verlag Lüneburg



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