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13/2021
 

Achtet aufeinander, damit niemand sich von Gottes Gnade ausschließt! Lasst nicht zu,
dass eine bittere Wurzel zur Giftpflanze wird, durch die dann viele von euch zu Schaden
kommen!

Hebräer 12,15 (Neue evangelistische Übersetzung)

In dieser kaputten und geteilten Welt kann niemand heil bleiben, auch kein gläubiger Mensch. Wir alle tragen Enttäuschungen und Verletzungen in uns. Sie hinterlassen Spuren und können uns bitter machen. Aus dem Wort Gottes höre ich eine deutliche Warnung: Was andere uns zugefügt oder was wir erlebt haben, was nicht verarbeitet wurde – das alles ist ein Nährboden, auf dem „bittere Wurzeln“ gut gedeihen. Wie ein schleichendes Gift verdrängen sie die Freude und Dankbarkeit aus unserem Alltag. Die Folgen sind Unzufriedenheit, Misstrauen und Kritik, wodurch unsere Seele und das Verhältnis zu den Menschen in unserem Umfeld vergiftet werden.

Der Text nennt den Grund für die Gefahr: Wer sich vom Unrecht gefangen nehmen lässt, verliert den Blick für die Gnade Gottes, mit der er diese ungerechte Welt erlöst. Wir können die Blickrichtung ändern und ganz bewusst auf Jesus schauen, der uns Gottes Güte zeigt. Wer sich darauf konzentriert, kann Vertrauen fassen, die Kraft der Vergebung erfahren und eine bessere Zukunft erkennen.

Die Bibel schildert das anschaulich am Beispiel von Rut und ihrer Schwiegermutter, die beide Schweres erlebt hatten. Naomi spürte die aufkommende Bitterkeit: „Nennt mich nicht Noomi, sondern Mara; denn der Allmächtige hat mir viel Bitteres angetan.“ (Rut 1,20) Rut jedoch lässt sich von dieser Bitterkeit nicht anstecken und entscheidet sich für die Güte und Treue Gottes. Später wird von ihr gesagt: „Du bist zum HERRN, dem Gott Israels, gekommen, um bei ihm Schutz und Zuflucht zu finden.“ (Rut 2,12 Hfa) Darin liegt das Geheimnis: Wer auf Gottes Gnade baut, wird nicht enttäuscht, sondern gesegnet und reich belohnt.

Was können wir also dem Gift der Resignation und Verbitterung entgegensetzen? Der Text sagt: „Achtet aufeinander.“ Wenn jemand Gottes Gnade nicht mehr sehen kann, weil er nur darunter leidet, was ihm widerfahren ist, helfen keine Appelle oder frommen Belehrungen. Dann braucht er Menschen, die ihm mit Güte, Geduld und Hoffnung nahe sind, er braucht erlebte Gnade. Denn Gott ist bei denen, die gedemütigt und zerschlagen sind (Jes. 57,15). Darauf dürfen wir vertrauen.

Lothar Wilhelm


© Advent-Verlag Lüneburg


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