Sie sind hier: Andacht der Woche  

07/2020
 

Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.

Johannes 4,24


Über eins waren sich Juden und Samariter einig: Sie wollten Gott anbeten. Keine Übereinstimmung gab es in der Frage, wo und wie das geschehen sollte. Seit jeher waren es Formen, Orte und Gegenstände der Anbetung, deretwegen Gläubige sich stritten, einander verachteten oder gar bekämpften. Aber Gott will nicht, dass wir uns im Glauben, in der Frömmigkeit und Anbetung von Dingen abhängig machen. Er möchte, dass wir eine persönliche Beziehung zu ihm haben, keine materielle. Das meinte Jesus, wenn er von der Anbetung „im Geist und in der Wahrheit„ sprach.

Gott weiß um unsere Neigung, sein geistiges Wesen zu verdinglichen. Der Gottessohn lebte über 30 Jahre auf dieser Erde, ohne eine materielle Spur zu hinterlassen, die sich als unanfechtbar erwiesen hätte. Daraus lässt sich schließen, dass er dem Drang nach Verdinglichung der Gottheit keinen Vorschub leisten wollte. Jesus besaß nichts, er schrieb keine Bücher – nur einmal schrieb er ein paar Zeichen in den Straßenstaub –, niemand kennt sein genaues Geburts- und Sterbedatum, er hatte keine Nachkommen. Von ihm blieb nur ein leeres Grab, dessen Lage bis heute umstritten ist. Und als er ins Reich seines himmlischen Vaters zurückging, hinterließ er kein „Ding„ seiner selbst, sondern nur die Zusicherung: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.„ (Mt 28,20)

Warum tat er das? Weshalb hinterließ er keinen unwiderlegbaren Beweis seiner Existenz? Gott wollte es so. Wir sollen offen sein für seine unmittelbaren Weisungen, die er uns durch sein Wort oder die Stimme des Heiligen Geistes erteilt. Glauben statt Wissen.

Warum hängen wir uns nur so sehr an Formen und Dinge? Vielleicht, weil man über sie verfügen, sie „in den Griff bekommen„ kann? Aber Gottes Geist entzieht sich unserem Zugriff, ihm muss man sich fügen!
Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten heißt vor allem, seinen Willen zu erfragen, diesen Willen als unseren anzunehmen und, soweit es uns möglich ist, in die Tat umzusetzen. Eine bessere Anbetung gibt es nicht.

Günther Hampel


© Advent-Verlag Lüneburg


08/2020 | 06/2020