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11/2019
 

So wie ihr von den Menschen behandelt werden möchtet, so behandelt sie auch. Das ist – kurz zusammengefasst – der Inhalt der ganzen Heiligen Schrift.

Matthäus 7,12 (Hoffnung für alle 1992)


Ein reicher Bauer, der den Bauch nie voll genug bekommen konnte, wollte seinen Arbeitern noch mehr abverlangen. Sie sollten schneller und mehr arbeiten. Sein Verwalter, der bereits jahrelang täglich für ihn und das Anwesen sorgte, war ein umsichtiger und weiser Mann, dem die Methoden seines Herrn schon lange ein Dorn im Auge waren. Er wollte den Bauern von seiner Habgier kurieren und schlug ihm vor, er solle seinen Leuten einen Tag lang die Arbeit vormachen.

Am nächsten Morgen musste der Bauer zuerst das Vieh füttern, dann den Stall ausmisten und schließlich das Gras mähen. Sein Verwalter trieb ihn mächtig an und die Sonne brannte unbarmherzig auf Kopf und Körper. Schweiß trat auf seine Stirn und nach zwei Stunden war der Bauer so erschöpft, dass er ausruhen wollte. „Jetzt noch nicht!“, hetzte ihn sein Verwalter immer wieder weiter. Kurz vor Mittag brach der Bauer dann erschöpft zusammen. So blieb alles, wie es zuvor gewesen war.

Mit seiner Forderung, unsere Mitmenschen so zu behandeln, wie wir es uns an ihrer Stelle wünschten, hat Jesus einen für alle gültigen Maßstab gesetzt, den er selbst vorgelebt hat. Er verließ die Herrlichkeit des Himmels und wurde ein Mensch wie wir (Phil 2,5–8).

Er speiste die Hungrigen, heilte die Kranken und tröstete die Traurigen. Kinder kuschelten sich in seine Arme, Schuldige strahlten, wenn er ihnen vergab, und selbst Aussätzige spürten die sanfte Berührung seiner Hände. Er genoss die Gastfreundschaft der Pharisäer, aß am Tisch der Zöllner und half auch noch, wenn er selbst müde war.

Erwarten wir nicht mitunter von unseren nächsten Angehörigen, Mitarbeitern oder Mitchristen Dinge, die wir selbst nicht tun? Der Arbeitsbereich des Ehepartners soll wie geleckt aussehen, die Kinder sollen sich für die Geschenke gleich bedanken, der Kollege soll immer hilfsbereit und freundlich sein und der Mitchrist in der Kirchengemeinde sollte möglichst immer so denken und handeln, wie wir es als richtig empfinden. Ist dies nicht der Fall, wird der andere schnell „abgestempelt“: als liederlich, undankbar, mürrisch oder „abgefallen“.

Der heutige Tag bietet uns also viele Gelegenheiten, Jesu Vorbild zu folgen.

Günter Schlicke


© Advent-Verlag Lüneburg


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